Allgemeines
Im Folgenden wird die Schraubenberechnung gemäß des Beispiels B5 aus der VDI Richtlinie 2230, Blatt 1 (2015) mittels FEM nachvollzogen. Das FE-Modell und die analytische Rechnung aus der Richtlinie werden anhand der Spannungsamplituden der Schraube miteinander verglichen.
Modellbeschreibung
Geometrie
Im Beispiel B5 wird die Berechnung einer Zylinderdeckelverschraubung als Beispiel für eine exzentrisch belastete Schraubenverbindung berechnet. Bei den Schrauben handelt es sich um 15 Innensechskantschrauben (ISO 4762) der Gewindegröße M20. Auf den folgenden Abbildungen wird das Modell dargestellt.
Mit den aufgeführten Abmaßen wurde die Geometrie nachmodelliert. Wie in der VDI wird auch hier die rotationssymmetrische Anordnung genutzt. Das Modell besteht somit aus einem 15-tel der kompletten Geometrie. Der Schraubenschaft wird als Balken modelliert, der Schraubenkopf als Volumenkörper.
Die Höhe des Zentrierringes am Zylinderdeckel ist dem Beispiel nicht zu entnehmen. Da der Einfluss dieses Parameters als gering eingeschätzt wird, erfolgt hier eine Abschätzung.
Die Geometrie und das Netz des FE-Modelles werden auf den folgenden Abbildungen gezeigt.
Kontakte und Verbindungen
Der Schraubenkopf wird mittels MPC-Kontaktes mit der Auflagefläche fest verbunden. Das schraubenkopfseitige Ende des feien Gewindes wird starr über Kopplungsfunktionen mit dem Schraubenkopf verbunden. Auf der Stirnseite des Zylinders ist ein Kreis entsprechend des Spannungsquerschnittes des Gewindes projiziert. Die Kreisfläche wird mit der entsprechenden Seite des freien Gewindes über Kopplungsfunktionen starr verbunden.
Die Trennfuge zwischen Zylinderwand und Deckel wird als pure-penalty-Reibkontakt (Reibwert µ=0.1 selbst gewählt, nicht in VDI-Beispiel angegeben) ausgeführt.
Ergebnisse
Auf der folgenden Abbildung ist die Gesamtverformung in Lastschritt 3 (p = 20 MPa) dargestellt.
In der folgenden Tabelle werden die Kraft- und Momentreaktion an der Mutterauflage aufgelistet.
Axialkraft | Biegemoment | |
N | Nmm | |
Lastschritt 1 (nur Vorspannung) | 93193 | 2076 |
Lastschritt 2 (p = 6 MPa) | 93680 | 1964 |
Lastschritt 3 (p = 20 MPa) | 94837 | 1887 |
Differenz (Schritt 3 – Schritt 2) | 1157 | 77 |
Es ergibt sich eine Spannungsamplitude in Höhe von 2.3 MPa. Im Vergleich zur analytisch ermittelten Amplitude aus dem Beispiel der VDI-Richtlinie (12.5 MPa) fällt die Amplitude aus der FEM um 80% geringer aus.
Die Spannungskomponenten, die durch Axialkraft und Biegemoment hervorgerufen werden, sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Spannungskomponenten in MPa | ||||||
VDI | FEM | |||||
Zug | Biegung | Summe | Zug | Biegung | Summe | |
Lastschritt 2 | 1.4 | 9.2 | 10.7 | 382.7 | 4.1 | 386.8 |
Lastschritt 3 | 4.8 | 30.8 | 35.6 | 387.4 | 4.0 | 391.4 |
Differenz | 3.3 | 21.6 | 24.9 | 4.7 | 0.2 | 4.6 |
Amplitude | 1.7 | 10.8 | 12.5 | 2.4 | 0.1 | 2.4 |
Fazit
Bezüglich der resultierenden Spannungsamplitude werden mittels der FEM Werte berechnet, die 80% unterhalb der Werte aus dem VDI-Beispiel liegen. Anhand der Spannungskomponenten ist zu erkennen, dass die Biegung auf die Schraube bei Berücksichtigung des Innendruckes nicht wie in der analytischen Berechnung der VDI mit steigender Belastung zunimmt, sondern abgebaut wird. Anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass Vereinfachungen im Modell zwar mitunter den Analyseaufwand reduzieren, jedoch nicht immer die Auswirkungen der Belastung richtig abbilden.
Artikel veröffentlicht am 08.01.2020
Martin Lork
Dipl.-Ing. Maschinenbau
Autor | ✉ mlork@ing-hanke.de
Andreas Hanke
Dipl.-Ing. Maschinenbau
Co-Autor | ✉ ahanke@ing-hanke.de
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