Home » Know How » FEM vs. VDI 2230 – Bsp.4

Berechnung einer Pleuelverschraubung
Finite-Elemente-Methode (FEM) versus VDI 2230

 


Vergleich VDI-Richtlinie 2230 Blatt 1:2015, Beispiel 4 gegen
Modellierung per FEM mit Ansys

Allgemeines

Im Folgenden wird die Nachrechnung des Beispiels B4 aus der VDI Richtlinie 2230, Blatt 1 (2015) mittels FEM dargestellt. Hier wird die Berechnung einer Pleuellagerdeckelverschraubung als Beispiel für eine exzentrisch belastete Schraubenverbindung berechnet.

Die Modelle werden anhand der Spannungsamplituden der Schraube miteinander verglichen.

Das Beispiel aus der VDI ist auf Schnittgrößen, entweder aus externen Quellen oder aus vorangegangenen FE-Berechnungen angewiesen. Hier liegt ein Vorteil der FEM: aus dem Kraftfluss im Modell ergibt sich direkt die Schraubenbelastung.

Modellbeschreibung

 

Geometrie

Bei den Pleuelschrauben handelt es sich um Taillenschrauben mit Zentrierbund der Gewindegröße M8. Der Taillendurchmesser beträgt dT = 0.9 · d3. Auf den folgenden Abbildungen (Quelle: VDI 2230 Blatt 1:2015) wird das Modell dargestellt.

Technische Zeichnung - Schraubenverbindung - VDI 2230 - Beispiel 4

Technische Zeichnung 2 - Schraubenverbindung - VDI 2230 - Beispiel 4 Technische Zeichnung 3 - Schraubenverbindung - VDI 2230 - Beispiel 4

 

Mit den aufgeführten Abmaßen wurde die Geometrie nachmodelliert. Es wird ein Halbmodell erzeugt. Der Schraubenschaft wird als Balken modelliert, Schraubenkopf und Mutter als Volumenkörper. Die Geometrie und das Netz des FE-Modelles werden auf den folgenden Abbildungen gezeigt. Die Schraube wird von oben (Kolbenseite) eingesteckt, um die Positionierung des Zentrierbundes zur Trennfuge im Sinne der VDI zu gewährleisten.

Der Lageraußendurchmesser ist dem Beispiel nicht zu entnehmen. Dieser hat Einfluss auf das sich ergebende Biegemoment in der Schraube. Für die Geometriemodellierung wird von einem Durchmesser von 50 mm ausgegangen.

Schraubenverbindung - FE-Modell - Ansicht 1 Schraubenverbindung - FE-Modell - Ansicht 2 Schraubenverbindung - FE-Modell - vernetzt - Ansicht 1 Schraubenverbindung - FE-Modell - vernetzt - Ansicht 2

Kontakte und Verbindungen

Schraubenkopf und Mutter werden mittels MPC-Kontaktes mit der Auflagefläche und über Kopplungsfunktionen mit dem Schraubenschaft fest verbunden. Die Trennfuge zwischen den Pleuellagerdeckeln wird als pure-penalty-Reibkontakt (µ=0.15) ausgeführt.

Die Interaktion zwischen Zentrierbund und Schraubenbohrung bleibt unberücksichtigt. Die Gleitbewegung in der Trennfuge bleibt vernachlässigbar klein.

Randbedingungen

Der pleuelstangenseitige Lagerdeckel ist fest eingespannt. Die Schnittflächen auf der Symmetrieebene werden gegen Verschiebungen senkrecht zur Symmetrieebene eingespannt. Die folgenden Abbildungen veranschaulichen die angetragenen Randbedingungen.

Schraubenverbindung - FE-Modell - Randbedingung 1 Schraubenverbindung - FE-Modell - Randbedingung 2

Belastung

In der VDI-Richtlinie wird direkt mit auf die Schraube wirkenden Kräften gerechnet.

Im FE-Modell wird eine Kraft von 5000 N auf die untere Schale aufgebracht.

Die Schraubenvorspannung beträgt 21880 N. Dies entspricht sowohl der maximalen als auch der minimalen Vorspannkraft. Die Schrauben werden drehwinkelgesteuert angezogen (Anziehfaktor laut VDI: αA = 1).

Schraubenverbindung - FE-Modell - Belastung Schraubenverbindung - FE-Modell - Schraubenvorspannkraft

Ergebnisse

Die sich ergebenden Verformungen sind in der folgenden Abbildung dargestellt.

Schraubenverbindung - FE-Modell - Ergebnisse - Verformungsplot

In der folgenden Tabelle werden die Kraft- und Momentreaktion an der Mutterauflage aufgelistet.

AxialkraftBiegemoment
NNmm
Lastschritt 1 (nur Vorspannung)21880105
Lastschritt 2222721283
Differenz3921179

Es ergibt sich eine Spannungsamplitude in Höhe von 27.6 MPa. Im Vergleich zur analytisch ermittelten Amplitude aus dem Beispiel der VDI-Richtlinie (26.8 MPa) fällt die Amplitude aus der FEM um 3% höher aus.

In der folgenden Tabelle werden die Kraft- und Momentreaktionen in der Trennfuge den Schraubenbelastungen aus dem Beispiel4 der VDI gegenübergestellt.

AxialkraftQuerkraftBiegemoment
NNNm
FEMLastschritt 1 (nur Vorsp.)21880-375
Lastschritt 2172738362
Differenz460712157
Belastung aus VDI, Beispiel B45000240048

Während Axialkraft und Biegemoment vergleichbare Größenordnungen aufweisen, kann die im VDI angesetzte Querkraft mit dem vorhandenen Modell nicht nachvollzogen werden.

Fazit

Bezüglich der resultierenden Spannungsamplitude werden mittels der FEM Werte berechnet, die 3% oberhalb der Werte aus dem VDI-Beispiel liegen. Insofern bewegt sich der Vergleich in einem erwartbaren Rahmen. Unter Verwendung einer relativ kompakten Geometrie und einer einfachen Krafteinleitung sollten analytische und numerische Ergebnisse nicht allzu weit voneinander abweichen.

Artikel veröffentlicht am 10.01.2020

Martin Lork
Andreas Hanke

Martin Lork
Dipl.-Ing. Maschinenbau
Autor  |  mlork@ing-hanke.de

Andreas Hanke
Dipl.-Ing. Maschinenbau
Co-Autor  |  ahanke@ing-hanke.de

Sie haben Anmerkungen, Ideen oder Fragen: Schreiben Sie mir an mlork@ing-hanke.de oder rufen Sie mich an (0381/121 579 12).

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren