Nach welchem Regelwerk muss berechnet werden?
In diesem Artikel erfahren Sie, welche Anforderungen an Schweißnähte gestellt werden, wenn diese im Bereich des Stahlbaues nachzuweisen und zu fertigen sind.
Die Anforderungen an Hersteller, Nachweis, Ausführung und Prüfung von Schweißnähten finden sich im Eurocode 3, der EN 1993. In den folgenden Teilen werden die speziellen Anforderungen an die Nachweise von Schweißnähten ausgeführt:
- EN 1993-1-8: Berechnung vorwiegend ruhend belasteter Verbindungen
- EN 1993-1-9: Berechnung ermüdungsbeanspruchter Verbindungen
- EN 1993-1-10: Nachweis gegen Spröd- und Terrassenbruch.
Diese Teile des Eurocode 3-Normenwerkes bestimmen auch die Anforderungen an Herstellerbetriebe und Ausführung von Schweißnähten. Nach EN 1993-1-8 und EN 1993-1-9 müssen die Schweißverbindungen nach EN 1090-2 ausgeführt und geprüft werden. Zusätzliche Qualitätsanforderungen an Planung, Ausführung und Hersteller werden in ISO 3834 geregelt. Die Kriterien und Bewertungen zur Schweißnahtprüfung gibt die ISO 5817 vor.
Technische Anforderungen an die Ausführung von Stahltragwerken
Die technischen Anforderungen an die Schweißnähte ergeben sich nach EN 1090-2 je nach Ausführungsklasse. Hierzu zählen Anforderungen an
- Schweißplan
- Schweißprozesse
- Qualifizierung des Schweißverfahrens und des Schweißpersonals
- Vorbereitung und Ausführung von Schweißarbeiten
Die Ausführungsklasse wiederum wird anhand der möglichen Schadensfolgen und/oder der geforderten Zuverlässigkeit bestimmt.
Welche der Kriterien (Schadensfolgeklasse oder Zuverlässigkeitsklasse) zur Anwendung kommt, oder ob beide Kriterien bewertet werden müssen, kann im nationalen Anhang festgelegt werden. Nach EN 1993-1-1/A1:2014-07 sind beispielsweise Konstruktionen nach EN1993-4-1 und EN 1993-4-2 (Tanks, Silos) bezüglich der Schadensfolgeklasse zu beurteilen und Konstruktionen nach EN1993-3-1 und EN 1993-3-2 (Türme, Maste, Schornsteine) bezüglich der Zuverlässigkeitsklasse.
Es gibt vier Ausführungsklassen (EXC1 bis EXC4) wobei in Klasse EXC4 die strengsten Anforderungen gestellt werden. Die folgenden Abbildungen verdeutlichen die Herangehensweise an die Bestimmung der Ausführungsklasse. Zunächst werden also die Schadensfolgen klassifiziert (Quelle: DIN EN 1990:2010-12):
Die Zuverlässigkeitsklassen (RC1 bis RC3) werden in Abhängigkeit von der Versagenswahrscheinlichkeit ermittelt und mit den Schadensfolgeklassen verknüpft. Die Ausführungsklassen können mittels folgender Tabelle (Quelle: DIN EN 1993-1-1/A1:2014) ausgewählt werden:
Qualitätsanforderungen an den Betrieb
Je nach Ausführungsklasse werden die Qualitätsanforderungen an den Herstellerbetrieb im dafür zuständigen Teil der ISO 3834 geregelt:
- ISO 3834-4: „Elementare Qualitätsanforderungen“ für EXC1
- ISO 3834-3: „Standard-Qualitätsanforderungen“ für EXC2
- ISO 3834-2: „Umfassende Qualitätsanforderungen“ für EXC3 und EXC4.
Hier wird definiert, in welchem Umfang der Hersteller Anforderungen bezüglich folgender Punkte einhalten und überprüfen muss:
- Schweißtechnisches Personal
- Personal für die Überwachung und Prüfung
- Technische Einrichtungen zum Schweißen (z.B. Schweißvorrichtungen, Krane, Vorwärm-, Vor- und Nachbehandlungs-, Arbeitsschutz- und Prüfungseinrichtungen)
- Schweißtechnische und verwandte Tätigkeiten
- Schweißzusätze
- Lagerung der Grundwerkstoffe
- Wärmenachbehandlung
- Überwachung und Prüfung
- Mangelnde Übereinstimmung und Korrekturmaßnahmen
- Kalibrierung und Validierung von Mess-, Überwachungs- und Prüfeinrichtungen
- Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit
- Qualitätsberichte
Nach welchen Kriterien wird geprüft?
Die Bewertung der Schweißnähte erfolgt nach den Kriterien und Grenzwerten in der ISO 5817. Es werden beispielsweise folgende Unregelmäßigkeiten untersucht:
- Poren
- Risse
- Lunker
- Bindefehler
- Abweichungen von der Kehlnahtdicke
- Ansatzfehler
- Ausbildung der Wurzel (Rückfall, Porösität)
- Asymmetrie der Kehlnaht
- Nahtübergang
- Nahtüberhöhung
- Wurzelüberhöhung
- Einbrandkerben
- Wurzelkerben
Die Bewertungsgruppe wird je nach Ausführungsklasse gewählt:
- Bewertungsgruppe B mit zusätzlichen Anforderungen für EXC4
- Bewertungsgruppe B für EXC3
- Bewertungsgruppe C für EXC2
- Bewertungsgruppe D für EXC1.
Für Verbindungen, die nach EN 1993-1-8 (Bemessung von Anschlüssen) nachzuweisen sind, wird allgemein eine Abnahme gefordert, bei der mindestens die Grenzwerte von Bewertungsgruppe C eingehalten werden.
Die folgende Abbildung (Quelle: ISO 5817:2014) zeigt beispielhaft die ersten zu untersuchenden Unregelmäßigkeiten und deren Grenzwerte, je nach Bewertungsgruppe:
Artikel veröffentlicht am 07.01.2020
Martin Lork
Dipl.-Ing. Maschinenbau
Autor | ✉ mlork@ing-hanke.de
Sie haben Anmerkungen, Ideen oder Fragen: Schreiben Sie mir an mlork@ing-hanke.de oder rufen Sie mich an (0381/121 579 12).
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